Design & Computation - ein neuer universitätsübergreifender, interdisziplinärer, forschungsorientierter Masterstudiengang zwischen der Universität der Künste Berlin und der Technischen Universität Berlin
Hintergrund
„Um die Erscheinungsformen einer neuen Technologie begreifen zu können, müssen wir die Frage der Gestaltung – das Spiel von Verstehen und Herstellen – aufwerfen. Wenn hier von Gestaltung die Rede ist, beschränken wir uns nicht auf die Methodik planmäßigen Entwerfens. Wir stellen die umfassendere Frage, wie eine Gesellschaft Erfindungen hervorbringt, deren Umsetzung wiederum die Gesellschaft insgesamt verändern.“ (Winograd, T., Flores, F.: Erkenntnis Maschinen Verstehen. Berlin 1989, S. 21.)
Spätestens seit der letzten Jahrtausendwende ist in den industrialisierten Gesellschaften eine permanent fortschreitende Durchdringung weitreichender Lebensbereiche durch technologische Anwendungen zu beobachten, die auf Erkenntnisse aus teils jahrzehntelanger Grundlagenforschung zurückgeht. Diese Entwicklung vollzieht sich heute in beschleunigten Innovationszyklen im globalen Maßstab und betrifft so gut wie alle Aspekte der Gesellschaft: von der Digitalisierung der Arbeitswelt und der Algorithmisierung des Alltags über die Gewährleistung von Nahrungsmittelsicherheit und die Teilhabe an Entscheidungsprozessen bis hin zur Bewältigung der Klimakrise.
Ausgehend vom Ausmaß und infiltrativen Charakter dieses Prozesses stellen sich in der Gestaltung, den Ingenieurs- und Naturwissenschaften, den Geistes- und Sozialwissenschaften, den Künsten und den Diskursen der Zivilgesellschaft zunehmend weitreichende Fragen: Sie betreffen nicht nur vertretene politische Interessen und konkrete Kosten- und Nutzenverteilungen, sondern auch grundsätzlich das Verhältnis von Individuum, Technik und Gesellschaft.
Gleichzeitig prägt der „Metatrend“ der beschleunigten, digital koordinierten Technisierung auf sehr direkte, wenngleich unterschiedliche Weise große Bereiche menschlicher Produktivität, darunter die Ingenieurswissenschaften (Maschinenbau, Mechatronik, Materialforschung, Bauingenieurswesen u.a.) und die klassischen Gestaltungsdisziplinen (Produkt- und Modedesign, visuelle Kommunikation, Architektur, mediale Gestaltung u.a.).
Für die Ingenieurswissenschaften stellen sich angesichts zunehmender gesamtgesellschaftlicher Auswirkungen auf ganz neue Art Fragen nach der sozialen Dimension ihrer Innovationen. Zur gleichen Zeit stehen die klassischen Gestaltungsdisziplinen vor der großen Herausforderung, in immer weiter beschleunigtem Tempo technische Innovationen und neue Methoden in bestehende Gestaltungspraktiken und ganzheitliche Prozesse der Formgebung zu integrieren und sie medienkritisch zu reflektieren.
Des Weiteren rücken die Frage nach der sozialen Funktion im Ingenieurswesen und die wachsende Bedeutung technischer Expertisen in der Gestaltung die beiden Disziplinen stetig näher zusammen, sorgen für Überschneidungen und lassen punktuell hybride („emergente“) Fachbereiche entstehen – womit sich an Absolvent*innen aus diesen Bereichen, wie auch an die universitäre Lehre, grundsätzlich neue Anforderungen stellen.
Vor diesem Hintergrund – angesichts des aktuellen rasanten technischen und gesellschaftlichen Wandels und einer zunehmend dynamischen Fächerkultur – richtet sich der in Kooperation von Technischer Universität und Universität der Künste entwickelte Masterstudiengang „Design & Computation“ an Absolvent*innen grundständiger Studiengängen aus den Bereichen Gestaltung, Kunst, Ingenieurs-, Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften. Ihnen bietet sich mit dem Programm die Möglichkeit, im interdisziplinären Kontext und unter Rückgriff auf ausgedehnte Expertisen beider Hochschulen, die jeweils der „Cutting Edge“ unterschiedlichster Fachrichtungen entsprechen, an der Beantwortung drängender Fragen unserer Zeit mitzuwirken.
Studium
Am Beginn des viersemestrigen Masterstudiums, dessen Studierende aus unterschiedlichen Fachrichtungen kommen, steht ein individuell anpassbares Einführungssemester, das der Erarbeitung eines gemeinsamen inhaltlichen, diskurspraktischen und methodischen Fundaments dient.
Hieran schließt sich eine zweisemestrige Arbeit im Studio „Design als mediale Praktik“ an, das gleichzeitig das Zentrum des Masterprogramms bildet. Im Studio widmen sich die Studierenden in Projektarbeit im Team und entlang einer jährlich wechselnden Themenvorgabe der Erschließung neuartiger Technologien, Medien, Materialien und Methoden, ihrer kritischen Reflexion und problemorientierten Anwendung. Die Arbeit findet u.a. im Rahmen von freien Entwürfen, Visualisierungen im variablen Maßstab, Literaturarbeit und konkreten wissenschaftlichen Experimenten statt. Die Studioarbeit wird von Professor*innen beider Hochschulen betreut, die Expertisen gestalterischer, technischer sowie natur-, geistes- und sozialwissenschaftlicher Disziplinen auf sich vereinen. Parallel zur Studioarbeit belegen die Studierenden eines von zwei Wahlpflichtmodulen, „Modellierung und Simulation“ oder „Strukturen und Systeme“, und vertiefen so ihre jeweilige Studienrichtung. Darüber hinaus bietet ein umfangreiches weiterführendes Wahlpflichtprogramm, das Veranstaltungen aus den Portfolios beider Universitäten beinhaltet, den Studierenden im zweiten und dritten Semester die Möglichkeit, ihr Studium fachlich den eigenen Vorstellungen genau anzupassen.
Das letzte Semester des Masterstudiengangs „Design & Computation“ besteht in der Erstellung einer Abschlussarbeit, wahlweise mit praktischem Anteil. Die Studierenden streben den Erwerb eines Master of Arts (M.A.) mit Erwähnung ihrer jeweiligen Studienrichtung an.
Die Absolvent*innen des Masterstudiengangs sind geschult in der Anwendung neuartiger Technologien im Gestaltungsprozess. Sie sind in der Lage zur differenzierten, kritischen Auseinandersetzung mit zentralen Problemstellungen einer zunehmend globalisierten und technisierten Welt. Des Weiteren verfügen sie über eine flexible, Fachgrenzen überschreitende Denkhaltung, die sie dazu befähigt, sich sowohl sicher in transdisziplinären Forschungszusammenhängen zu bewegen, als auch selbstbewusst als Initiator*innen und Vordenker*innen privater Unternehmungen aufzutreten.